Wie mich diese Rollenbezeichnung fand
Erinnerst dich allenfalls an einen meinen meistgelesenen Blogartikel über die 21 Fun Facts über mich? Auf den werde ich auch heute noch sehr oft angesprochen :-). Was du nicht weisst, ich habe dir den 21.5-ten Fakt unterschlagen. Weil ich wieder passende Worte noch ein Beispiel fand, diesen zu beschreiben. Bis gestern. Also ich hoffe, es ist mir mit diesem Artikel zumindest ansatzweise gelungen. Es geht in darum, dass einiges (eigentlich sehr vieles), was ich produziere gar nicht durch viel konzentriertes Nachdenken entsteht, sondern, dass es mich findet…. einfach so? Das nicht, aber doch immer wieder unerwartet und dennoch meistens zeitlich passend. Doch der Reihe nach und die startet mit folgender mich immer wieder beschäftigenden Frage
Was ist denn nun die passende Berufs-Bezeichnung; Ökonomin, Coach, Beraterin, Counsellor?
In Zusammenhang mit der Neugestaltung meiner Website habe ich mir diese Frage zum x-ten Mal gestellt und sehr lange einen Rollentitel einfach weggelassen. Denn passen tut nichts umfänglich und nennen tut sich gefühlt jede zweite so heute. Doch seit diesem Frühling liest du bei mir: Possibility Expert.
Warum Possibility Expert? Und wie kam es dazu? Diese Namens-Findungs-Geschichte hat mit eben dem angeteaserten 21.5 Fakt, mit Intuition, den Krisen, die mich beschäftigen und mit Hirnforschung zu tun.
Zwei Gehirnhälften und veraltete Theorien
Seit ein paar Jahren verfolge ich die Arbeiten des Psychiaters, Neurowissenschaftlers und Philosophen Iain McGilchrist. Ihm verdanke ich zwei dicke, schwere – noch nicht ganz fertiggelesene – Bücher in meiner Bibliothek. McGilchrists Arbeiten beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Wahrnehmungsformen der rechten und linken Gehirnhälfte. (hier ein interessantes Gespräch mit ihm)
Frühere – mittlerweile widerlegte – Theorien besagten, die linke Hemisphäre sei für Logik und Sprache, die rechte für Gefühle und Bilder zuständig. Heute wissen wir, dass beide Gehirnhälften in alle Prozesse involviert sind. Sie unterscheiden sich jedoch grundlegend darin, wie sie die Welt sehen.
Die Rollen der linken und rechten Gehirnhälfte
Die linke Gehirnhälfte ist für analytisches Denken, Sprache und Detailorientierung zuständig. Sie zerlegt die Welt in kleine, überschaubare Teile und konzentriert sich auf spezifische, unmittelbare Aufgaben. Diese Hemisphäre ermöglicht es uns, Probleme zu lösen und Strukturen sowie Mechanismen zu verstehen. Und liebt es strukturiert, planbar, portioniert und berechenbar.
Die rechte Gehirnhälfte hingegen ist stärker auf ganzheitliches Wahrnehmen, Kontextualisierung und die Beziehung zwischen Dingen ausgerichtet. Sie ist für kreative Prozesse, emotionale Intelligenz und die Erkennung grösserer Zusammenhänge verantwortlich. Sie ermöglicht uns, übergeordnete – auch sehr implizite Muster und Bedeutungen zu erfassen, die sich oft gar nicht beschreiben lassen. Dinge, die man wahrnimmt. Sofern man „zuhört“.
McGilchrist argumentiert, dass das optimale menschliche Denken aus einer harmonischen Zusammenarbeit beider Gehirnhälften resultiert. Die rechte Hemisphäre sollte die Führung übernehmen, da sie einen umfassenderen Überblick bietet, während die linke Hemisphäre als ausführende Instanz detaillierte und präzise Aufgaben bewältigt.
Doch wie wir wissen, ist – zumindest in der Logik der westlichen Wirtschaftswelt – keine harmonische Zusammenarbeit ersichtlich. Im Gegenteil – nur ein Beispiel – noch immer wird das BIP als Gradmesser für wirtschaftliche Leistung/Gesundheit benutzt, auch wenn längst klar ist, dass in diesem Messwert sehr vieles ausgeblendet wird, wie bspw. die Kosten von natürlichen Ressourcen oder auch die Care Arbeit.
Die Dominanz der linken Hemisphäre und ihre Folgen
Die Dominanz der linken Hirnhälfte in den letzten Jahrzehnten hat neben viel Gutem jedoch ebenso zu einer Vielzahl von Krisen geführt, einschliesslich der Klimakrise. Diese Krise ist zum Teil das Resultat einer fragmentierten, mechanistischen Betrachtung der Natur durch die einseitige Linse der linken Hemisphäre. Die betrachtet ökologische Systeme als Ressourcen, die zur Maximierung wirtschaftlicher Gewinne und technologischem Fortschritte genutzt werden können. Dies hat zu einer übermässigen Ausbeutung, zur Zerstörung von Lebensräumen und zur Verschmutzung geführt. Nie wurde die langfristigen Auswirkungen berücksichtigt, obwohl diese längst bekannt waren. Wie das – auch dank „guter „PR – gelang liest du u.a. im Buch „Erzählende Affen“.
Die Balance der Hemisphären: Ein Plädoyer für ganzheitliches Denken und Wahrnehmen
Wie schon erwähnt betont McGilchrist die Komplementarität der beiden Gehirnhälften und plädiert für eine Balance, die sowohl analytische als auch ganzheitliche Denkweisen integriert. Dies würde zu einem tieferen Verständnis und einer reicheren Erfahrung der Welt beitragen.
Während die linke Hemisphäre auf Sicherheit, Bekanntes, Fixes und Starres fokussiert ist, zeichnet sich die rechte Hemisphäre durch ihre Intuition, ihre Offenheit für Möglichkeiten, Neues, die Fähigkeit, mit Mehrdeutigkeiten sowie Veränderung umzugehen, aus. Und nach diesem Abstecher in die Hirnforschung nun zurück zu meinem 21.5 Fakt und der Namensfindung für meine Berufsrolle:
Das Mysterium der Namensfindung: Intuition und Inspiration
Als ich im Sommer 23 zuletzt in McGilgrists Buch gelesen hatte, hatte ich mir ein Notizbuch angelegt, in dem ich die beschriebenen Unterschiede der beiden Gehirnhälften seither notiere. Zu meinem besseren Verständnis. Und gestern kam mir dieses Büchlein in die Hand und zufällig sah ich, dass die erste von mir notierte Unterscheidung links: „Certainty“ vs. rechts: „Possibility“ war. Mich hatte das damals sehr angesprochen. Denn ich vermute, dass ich die Welt sehr ausgesprägt durch die Linse der rechten Hirnhälfte betrachte. Diese natürliche Neigung wird durch meine intuitiven und empathischen Eigenschaften verstärkt (gemäss PSI-Test von Prof. Kuhl, der Persönlichkeitsmerkmale und Verarbeitungsstile misst).
Meinen Scheinwerfer richte ich stets auf Potenziale und Chancen sowie darauf, innovative Lösungen zu entwickeln und flexibel auf neue Situationen zu reagieren. Diese Herangehensweise hilft mir, kreative und unkonventionelle Wege zu finden, um Herausforderungen zu meistern und in einem sich wandelnden Umfeld zu wachsen. Allerdings ist dies nicht immer nur hilfreich …
Meine grössere Herausforderung: die linke Hälfte
Mein Lernfeld war und ist die linke Hirnhälfte. Das Detailorientierte und die Struktur, Sprache finden und gute Landkarten, die ich nicht so leicht – aber doch immerhin inzwischen sehr gut hinkriege. Sonst hätte ich in der Wirtschaftswelt wohl weder als HR-Leitung noch jetzt als selbständige Gestalterin „überlebt“ :-).
Jedenfalls: offensichtlich hat mich das Thema schon längers bewusst, unbewusst begleitet und im richtigen Moment fiel mir nun der Name zu! Tadaa!! Da war es wieder – dieses „Plötzlich ist es da und klar“: Es ist also nicht so, dass ich einfach nur darauf warte, dass mich gute Ideen finde für Konzepte, Wirkshops oder Texte – sondern dass ich wach, offen und forschend bin und es mir dann in der Regel gelingt, passende Themen/Worte/Strukturen/Tipps in Beratungen und Empfehlungen zu finden. Und darum habe ich nun nachträglich noch eine tiefere Bedeutung und Erklärung zum Namen gefunden:
Die Bedeutung des Namens Possibility Expert
Ich stehe dafür ein, ein Gleichgewicht zwischen den beiden Hemisphären herzustellen. Indem wir die Stärken der rechten Hemisphäre wieder mehr wertschätzen, können wir hoffentlich neue Wege finden, um den aktuellen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.
Ich verbinde die Präzision der linken Hemisphäre mit der Weitsicht der rechten. Ich entdecke Chancen, wo andere Hindernisse sehen. In einer Welt, die von Fragmentierung und Kurzsichtigkeit geprägt ist, biete ich eine möglichst ganzheitliche und innovative Perspektive.
Und noch was eher rechtshirniges:
In meiner Arbeit geht es weniger um KPIs (Key Performance Indicators), sondern vor allem um SPH (Smiles per Hour). Jeder Tag bietet neue Chancen, Menschen in der Zusammenarbeit ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Positive Energie, Freude und Motivation sich Neues zu getrauen, sind für mich der wahre Masstab für Erfolg.
Falls du noch lesen magst, ein Nachtrag betreffend meine Blogposts und zum Abschluss ein empfehlenswerter Tedtalk für alle „vermeintlichen Prokrastinatoren:innen“ die beide auch irgendwie mit der rechten Hirnhälfte was zu tun haben …
Von der Theorie zur Praxis: Einladungen zum Mitlesen
Was gemäss McGilgrist ein weiterer Unterschied links/rechts-Hirn ist – Theory vs. Experience: und da finde ich eine Erklärung für meine Blogartikel, die meist spontan aus einer Erfahrung entstehen. Mir ist es ein Bedürfnis, relevante Theorien in einen Praxis- und Erfahrungsbezug zu setzen.
Meine Blogartikel sind (so hoffe ich) nicht nur theoretische Abhandlungen, sondern basieren auf Erfahrungen und Einsichten. Sie bieten eine Möglichkeit, aus gewohnten Denkmustern und Echo-Lese-Räumen auszubrechen. Durch das Teilen meiner Erlebnisse möchte ich inspirieren, die Welt durch die Linse der Möglichkeiten zu betrachten.
Und zu guter letzt, falls du manchmal Zweifel an deinen Ideen hast…
Im TED-Talk „The surprising habits of original thinkers“ erklärt Adam Grant, dass kreative und erfolgreiche Menschen oft Eigenschaften wie Prokrastination und Zweifel an ihren Ideen teilen. Diese scheinbar negativen Eigenschaften fördern kreatives Denken und Innovation. Grant betont, dass Originalität nicht nur von den ersten Ideen kommt, sondern oft von der Fähigkeit, weiter zu experimentieren und zu verfeinern. Er ermutigt dazu, neue Ideen auszuprobieren und aus Fehlern zu lernen.