April 16

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„The Week“ – ein Erfahrungsbericht

By Bianca Merz

April 16, 2023


Gerne teile ich heute mit euch eine lehrreiche und inspirierende Erfahrung. Über Ostern habe ich das Programm The Week” von Frédéric Laloux und seiner Frau durchgeführt. Meine Erfahrung kurz zusammengefasst:

  • Dies war das erste Mal seit langem, dass ich Zuversicht verspürte, nachdem ich einen Film über das Klima geschaut habe. 
  • Es geht weder um Schuld noch um Verzicht wie in den meisten Geschichten rund ums Klima. Vielmehr geht es um Freude, darum, was wir gewinnen können und um ganz viele konkrete Massnahmen, die wir gleich heute beginnen können
  • Ich fand mich gut aufgehoben im Balancieren in den für mich herausfordernden Polaritäten zwischen – “Was kann ich denn schon bewirken als kleine PersonWie gross ich und mein Wirkungsraum ist/sind” — “Ich möchte andere auch davon begeisternich möchte ja nicht missionieren” und habe dazu einen guten Weg für mich gefunden!
  • Ich kam einmal mehr zum Fazit, dass für mich Wandel über Veränderung der Beziehungsmuster geschieht. Der Beziehung zu sich, zur Natur, und zu anderen. Für ein zukunftsfähiges Mit-Sich und Mit-Einander.

Ich beschreibe nachstehend ausführlicher, in welchem Zustand mich “The Week” fand, warum es mich angesprochen hat und erläutere schlussendlich, was The Week ist, wie es abläuft und was meine Erfahrung damit ist.

 

WAS MICH SEIT LÄNGEREM BESCHÄFTIGT

Bereits seit einigen Jahren umtreibt mich die Frage, was ich als Einzelperson tun kann, um einen sinnvollen Beitrag für ein zukunftsfähiges Mit-Sich und Mit-Einander leisten zu können. (Siehe dazu auch mein Blogpost vom 4. August 2022). 

Und ich frage mich stets, wie dies gelingen kann, ohne zu missionieren oder andere überzeugen zu wollen. Ich habe zu genüge Übergriffigkeit erfahren und beobachtet in Form von Besserwisserei und Macht. Wie oft hat jemand (gut) gemeint zu wissen, was nun richtig sei (für mich) und was ich zu tun hätte, ohne meine Grenzen zu respektieren. Auch eine Form von Übergriffigkeit nehme ich in meiner Arbeit wahr, denn ich begleite wieder zunehmend Menschen mit Burnout-Merkmalen – auch da geht es darum, Grenzen nicht wahrzunehmen und übergriffig seinen Bedürfnissen gegenüber zu sein.

 

WAS ICH BISHER VERSUCHT HABE

Viele kleine Schritte bin ich seither gegangen. Einerseits in meiner Arbeit als Beraterin und andererseits persönlich. Ohne zu verzichten. Im Gegenteil: durch das Loslassen von vermeintlichen Bequemlichkeiten und bekannten Wirkungsfeldern habe ich mehr gewonnen als ich mir erdenken hätte können. Auf allen Ebenen, aber insbesondere an Zufriedenheit und Ruhe. 

Hier nur ein paar Beispiele: wir sind seit mehreren Jahren möglichst mit Zug, Velo oder zu Fuss unterwegs und haben nicht einen Moment lang eine Flugmeile oder einen Autokilometer vermisst. Wir ernähren uns vegetarisch – teils vegan. Wir kochen täglich frisch, kaufen auf dem Markt ein und fühlen uns gesünder als auch schon. Die Heizung haben wir diesen Winter noch weniger genutzt als früher – es war zwar nicht immer sehr angenehm – Bettflaschen und Wolljacken waren täglich im Einsatz. Wir leben noch minimalistischer als früher und kaufen selten Neuware. Und wir fühlen uns freier, seit wir weniger Ballast haben, mit welchem wir uns täglich zu umgeben brauchen meinen. Und ich beobachte, wie meine Erfahrungen Kreise ziehen im Umfeld. 

 

UND DOCH SCHWINDET MEINE ZUVERSICHT

Das freut mich und doch bin ich seit einiger Zeit wieder unruhiger. Denn irgendwie scheint sich die “back to normal” als die einzig wahre und lebbare Geschichte durchgesetzt zu haben. Wie kann “man” nicht realisieren, wie rasch sich das Klima – insbesondere auch das soziale – verändert? Sind wir tatsächlich so abgetrennt von der Natur (auch unserer eigenen?) Und warum tue ich selber nicht mehr? Denn ich könnte noch viel mehr beitragen?! Und warum habe nicht schon viel früher damit begonnen?

Diese Gefühle und Gedanken machen mich immer mal wieder traurig, wütend und lähmen mich und lassen mich sogar zwischendurch meine unerschütterliche Zuversicht vergessen. Daher bin ich stets offen für Ideen und Initiativen, die mit Zuversicht, Mut und Herz vorangehen, wie beispielsweise das Programm “The Week” von Frederic Laloux und seiner Frau Hélène. Ich hatte davon Anfangs 2023 gelesen, es vor lauter Lärm im Aussen wieder vergessen und dann ist es mir im März beim Kongress der Pioneers of Change wieder begegnet. Zum Glück!

 

WAS IST „THE WEEK“

Das Programm dauert, wie der Name bereits sagt, eine Woche. Eine Woche, um sich der Umweltproblematik voll bewusst zu werden, um zu verstehen, wie sich gesellschaftlicher Wandel vollzieht, und im Anschluss daran aktiv zu werden. Die Woche bietet Raum, dieses Thema mit Freunden*innen, Familie oder Kollegen*innen zu diskutieren. Es geht nicht darum, “das Richtige” zu tun, sondern befähigt uns, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen. Damit wir im 2050 zu uns und unseren Kindern sagen können: „Ich wusste, was ich wissen konnte, ich habe getan, was ich tun konnte, und ich kann mir nichts vorwerfen.“

 

WIE FUNKTIONIERT „THE WEEK“

Konkret besteht „The Week“ aus drei Sitzungen à rund 90 Minuten, in denen sich eine Gruppe zunächst einen einstündigen Film ansieht, der dann als Diskussionsgrundlage dient. Das gemeinsame Schauen und Erleben ist dabei entscheidend, denn diese gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen sollen nicht nur individuell getragen und einzeln isoliert erlebt werden.

Kurz vor Ostern hatte ich den Impuls “The Week” durchzuführen. Dazu bedingt es einzig eine Anmeldung auf der Onlineplattform auf welcher alle Ressourcen zur Verfügung stehen, eine Terminfestsetzung und Einladung an die gewünschten Menschen. „The Week“ kann im Privaten, im Unternehmen oder mit bestehenden Gruppierungen durchgeführt werden. Und zwar on- oder offline – einzige Voraussetzung: die drei Treffen sollten im Laufe einer Woche stattfinden. 

Ich habe spontan einige Kollegen*innen angeschrieben. Ob es am Thema oder auch an der Kurzfristigkeit lag – oder generell an einer gewissen Müdigkeit – dass sich nur wenige meldeten und einige gar nicht reagierten? Wohl an allem ein bisschen. Wie auch immer: wir waren eine kleine Gruppe, die am Karfreitag in die gemeinsame dreiteilige Erfahrungsreise startete, die nach dem U-Prozess  (Wahrnehmen, Innehalten, Handeln) gestaltet worden war.

 

WIE ICH „THE WEEK“ ERFAHREN HABE 

Die erste Sitzung löste starke Emotionen aus – bei mir vorallem Trauer – bei anderen Überforderung oder Wut. Denn in der ersten Phase erfasst man das ganze Ausmass der Krise mit konkreten, wissenschaftlich basierten Beispielen aus nah und fern. So war ich froh, konnte ich dies etwas setzen lassen bis am Ostermontag, als wir uns zum zweiten Teil trafen, in welchem es darum ging mehr zu verstehen, wie und wodurch gesellschaftliche Veränderungen “passieren”.



Die Geschichte unserer Zivilisation ist geprägt von Umbrüchen, Fortschritt und Revolutionen. Frédéric und Hélène erklärten, wie solche Entwicklungen oft von unten angestossen werden. Manchmal von Einzelpersonen, oft von Kollektiven. Dies zeigt, dass man die Geschichte verändern kann, indem man die Dinge anders sieht, erzählt und angeht.

Diese zweite Sitzung lieferte die nötige Inspiration für die dritte und abschliessende Sitzung am Donnerstag nach Ostern, in der es darum ging, aktiv zu werden. Was können wir auf persönlich, oder innerhalb der Familie, in der Nachbarschaft und unter Freuden sowie auf Unternehmensebene tun? Denn es braucht ja gar nicht so viel(e) damit sich eine neue Geschichte etablieren kann …

 

WANDEL GESCHIEHT ÜBER VERÄNDERUNG DER BEZIEHUNGSMUSTER

Neben einiger persönlicher Massnahmen waren Ergebnisse unserer gemeinsamen Reise, dass weitere “The Week” Sessions organisiert werden sowie ein Projekt zur Messung des Energieverbrauchs in Häusern, welches im Rahmen des Hackathon von Make Zurich weiterentwickelt werden soll. 

Zudem war für mich ein Gewinn dieser Woche, dass sich mein Blick wieder geweitet hat im Sinne von: man – bzw. ich kann auf so vielen Ebenen etwas tun oder eben auch lassen. Und jede*r darf seinen individuellen Weg finden.

Meine Aufgabe sehe ich weiterhin darin, Räume zu schaffen, in welchen die Suche nach dem eigenen Beitrag möglich ist. Und da bin ich wieder bei meinem “Hebel” für eine transformierende Bewegung. Denn die beginnt bei sich selbst, bei jedem einzelnen. Bei der Suche danach herauszufinden, was durch sie/ihn in die Welt möchte. Für ein zukunftsfähiges Mit-Sich und Mit-Einander. 

 



 

 

 

 

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