2024 gestartet … und schon wieder am Hinterfragen 😉
Kaum hatte ich beruflich ins neue Jahr gestartet, überfiel mich schon wieder eine Müdigkeit. Aber hey, selbst schuld, wenn frau sich einbildet, sie müsse die sozialen Medien durchforsten, um den „Themenpuls“ zu spüren. Naiv von mir zu hoffen, dass sich über die Feiertage irgendetwas verändert hat. Trotz all der Gespräche über Erschöpfung und den festen Entschluss, etwas zu ändern, sehe ich gerade wenig davon. Es wird gestresst, geplant, beeilt, viele scheinen noch mehr unter Termindruck als Ende Jahr.
Wir schwimmen in einem unendlichen Informationsmeer und nehmen uns nicht die Zeit, diese Konzepte in unserem eigenen Leben zu erleben. Bin das nur ich und mein aktueller Mood oder gibt es zunehmend vermehrt Berufsquatscher und Pseudoexperten? Oder bin ich nur neidisch auf deren tolles Marketing? Ich wünschte mir mehr Erzählungen statt Meinungen.
Jedenfalls: Ich habe in den letzten zwei Monaten gefühlt 50 Mal darüber gelesen, dass der ursprüngliche Begründer von New Work eine ganz andere Vision hatte, als das, was wir heute praktizieren. Ich hatte übrigens selbst vor ein paar Jahren dazu geschrieben. Und dennoch engagieren sich nicht vermehrt Menschen für das Gemeinwohl. Zumindest wenn man den neusten Zahlen dazu glaubt. Es dreht sich noch immer um mehr Umsatz, Reichtum und Ruhm.
Also war ich schon wieder müde. Und ein bisschen frustriert. Dann entschied ich, die Medien links liegen zu lassen und eine Feldanalyse zu machen. Ich wollte herausfinden, wie realistisch mein gezeichnetes Bild eigentlich ist.
Mein kleines Wochen-Side-Projekt bestand also darin, Leute mit der Frage zu konfrontieren: „Welche Gedanken und Gefühle dominieren bei dir zu Jahresbeginn?“
Zusammengefasst kann ich sagen, dass die Aussagen eine bunte Palette von Emotionen und Einstellungen widerspiegeln – von positiver Energie und Aufbruchsstimmung bis hin zu einem Gefühl der Ziellosigkeit.
Erfreulicherweise war bei den meisten das Thema „Innere Ausrichtung und Wachsamkeit“ präsent. Es besteht ein Bedürfnis nach innerer Orientierung, weniger Abhängigkeit von äusseren Einflüssen und die Sehnsucht nach regelmässiger Stille, um sich aufzuladen und aus dem inneren Zentrum heraus zu handeln.
Wie kann es uns gelingen, noch mehr vom Wissen zur Erfahrung zu gelangen? Welche Hindernisse gibt es zu überbrücken? Wie werden aus Konzepten gelebte Erfahrungen? Welche Erzählungen inspirieren und motivieren? Diesen Fragen werde ich wohl noch einige Zeit nachgehen und starte heute zum Wochenabschluss mit ersten Gedanken dazu:
Die Falle des passiven Konsums und das “es betrifft die anderen”-Phänomen
In der Welt von New Work gibt es unzählige Posts, Bücher, Blogs und vieles mehr. Das Wissen scheint im Überfluss vorhanden zu sein. Doch allzu oft wird dieses Wissen konsumiert und geteilt, ohne es aktiv in den eigenen Lebensalltag zu integrieren. Das behaupte ich einfach mal. Es erstaunt mich, wer alles darüber schreibt, wie die moderne Führungskraft sein sollte, wie man sich klimafreundlich verhält und was man essen sollte, und dann schaue ich, was tatsächlich passiert. Diejenigen, die Probleme verursachen, polarisieren, sich gegen Veränderungen sträuben – das sind immer die anderen???! Aber hallo psychologischer Abwehrmechanismus “Projektion”….
Obwohl Wissen von entscheidender Bedeutung ist und es wichtig ist, darüber zu schreiben und zu lesen, ändert sich nichts, wenn es beim passiven Konsum bleibt. Weder wachsen wir persönlich noch als Gesellschaft. Die Entwicklung bleibt lediglich eine Theorie oder, um die Worte von Roger Willemsen zu zitieren: „Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Informationen, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung. So gingen wir, von uns selbst nicht aufgehalten.“
Die Bedeutung von eigenem Handeln und Gestalten
Handlungen haben eine transformative Kraft und bewirken oft tiefgreifendere und nachhaltigere Veränderungen als das blosse Ansammeln von Informationen.
Ein Beispiel: wenn jemand Bücher über gesunde Ernährung liest, aber nie seine Ernährungsgewohnheiten ändert, führt das nicht zu einer Verbesserung der Gesundheit.
Kleine Handlungen werden zudem oft unterschätzt, aber sie können tatsächlich grosse Veränderungen bewirken. Beispielsweise kann das tägliche Üben von Dankbarkeit oder das regelmässige Teilen von positiven Gedanken mit anderen dazu beitragen, eine positive und unterstützende soziale Umgebung zu schaffen. Kleine Veränderungen können sich mit der Zeit zu bedeutenden Veränderungen in der Lebensqualität und den zwischenmenschlichen Beziehungen summieren.
Die Umsetzung von Wissen vertieft nicht nur das Verständnis darüber, sondern bewirkt eine Veränderung in der Art und Weise WIE wir die Welt sehen und erleben. Wir sind nicht dazu geboren, Zuschauer des Lebens zu sein, sondern dazu, aktiv an der Gestaltung teilzunehmen. Denn welche Welt mir morgen haben hängt von unserem heutigen Tun ab. Individuell und Kollektiv. Und so komme ich noch zum dritten Punkt – die Wichtigkeit von der Gemeinsamkeit.
Das Miteinander
Die Kraft von Gemeinschaften und dem gemeinsamten Gestalten liegt neben dem Austausch von Ideen in der konkreten Umsetzung von Veränderungen. Eine Gemeinschaft kann einen vertrauensvollen (Lern-)Raum schaffen, in dem Menschen sich gegenseitig ermutigen, unterstützen und verantwortlich halten. Dies fördert nicht nur individuelles Wachstum, sondern stärkt auch das Kollektiv auf dem Weg zu positiven Veränderungen.
Nun abschliessend noch den Blick zurück auf mich …
Und wie sieht das bei mir aus? Wie sieht das bei mir mit Projektion und Pseudoexpertin aus? Tja, das kenne ich auch und bin ich auch Teil davon. Definitiv. Daher reflektiere ich mich regelmässig – alleine und mit anderen. Und mir war schon immer wichtig, dass ich mit Themen erst “raus” gehe, wenn ich diese nicht nur verstanden, sondern auch erfahren habe.
So habe ich in den vergangenen Jahren einige Routinen in meinem Leben verändert, welche sich positiv auf meine körperliche und geistig-seelische Gesundheit auswirken. Doch trotzdem finde ich es auch schwierig, alleine gewisse neue Themen zu erfahren und so engagiere ich mich in diversen Gemeinschaften und habe auch selber Austauschplattformen geschaffen. Mit dem Effekt, dass ich nun über ein tolles Netzwerk an vertrauensvollen Menschen verfüge, welche mir Räume bieten, in denen meine individuelle Entwicklung gespiegelt und gefördert wird.
Gemeinsame Projekte stärken zudem das Erfahren von Wirksamkeit und Verantwortlichkeit. Beispielsweise erfahre ich in der Integralen Politik am eigenen Leib diverse herausfordernden Facetten der Selbstorganisation. Als Generation X-Frau bin ich in hierarchischen Strukturen und Systemen aufgewachsen. Angefangen von der Schule über das Berufsleben bis zu Vereinen. Rollen und Macht waren immer klar verteilt. Und obwohl ich als langjährige Selbständigerwerbende behaupten würde, über viel Drive und Führungsanspruch zu verfügen, lerne ich im Kontext einer Gemeinschaft noch ganz viel dazu. Und bin gefordert. Diese Lernerfahrungen sind sehr wertvoll für mein Berufsleben und wenn ich als Expertin oder Beraterin auftrete.
Was ich mir ab diesem Jahr vermehrt vornehme ist, dass ich die Zeit, die ich in Diskussionen und Austausch investiere, noch mehr im Einklang mit den Werten und Zielen steht, die ich verfolge. Und möglichst zu vermeiden, in endlosen (wenn auch immer sehr spannenden und inspirierenden) Gesprächen zu versinken, ohne konkrete Handlungen abzuleiten. Oder auch zu entscheiden, etwas nicht zu tun oder loszulassen.
Ich bin mir sehr bewusst, die Herausforderung, nicht nur zu wissen, sondern auch zu leben, ist ein lebenslanges Projekt.
Vielleicht darf ich mir jeweils etwas früher im eigenen Lern- und Erfahrungsprozess erlauben, als Expertin aufzutreten. Diejenigen, die mich triggern, können dies ja nur, weil ich mir diesen Teil nicht erlaube. Also meine Projektion zurücknehmen und was Positives daraus ziehen. Ohne gleich eine Pseudoexpertin zu werden. Und ich kann ja selber mehr Erzählungen teilen als nur Wissen. Worauf warte ich noch?