In den vorhergehenden Blogposts habe ich erläutert, wie das Enneagramm mein Leben verändert hat, was es – zumindest aus meiner Sicht – als eines der faszinierendsten Typisierungsmodelle qualifiziert sowie welche spannende Geschichte sich hinter dem Enneagramm verbirgt.
Im vierten Teil dieser Serie tauchen wir tiefer in die Theorie ein und betrachten die neun „Typen“ – oder besser – die neun individuellen Motivationen, die unser Verhalten prägen. Hierbei handelt es sich nicht um festgelegte und einfach messbare Typisierungen wie Blutgruppen, sondern um Verhaltensweisen, die durch neun spezifische Motivationen gesteuert werden. Oder auch: 9 verschiedene Brillen, durch die man die Welt wahrnehmen kann.
Die drei Intelligenzzentren: Kopf, Herz und Bauch
Das Enneagramm unterteilt die neun Persönlichkeitstypen auf drei Intelligenzzentren, die massgeblich unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen.
Das Kopfzentrum (Intellektuelles Zentrum) mit den Typen 5, 6 und 7
Deren Fokus liegt auf: Denken, Planen, Sicherheit
Und das Hauptthema lautet: Kognitive Prozesse und rationale Entscheidungsfindung. Menschen, die von diesem Zentrum dominiert werden, streben nach Klarheit und Orientierung, um sich in einer unsicheren Welt sicher zu fühlen.
Das Herzzentrum (Emotionales Zentrum) mit den Typen 2, 3 und 4
Der Fokus liegt auf: Emotionen, Beziehungen, Selbstwert
Und die Hauptthemen lauten: Scham und der Wunsch nach Anerkennung. Für diese Menschen ist es entscheidend, emotionale Verbindungen zu knüpfen und ihren Selbstwert durch zwischenmenschliche Beziehungen zu bestätigen.
Sowie das Bauchzentrum (Instinktives Zentrum) mit den Typen 8, 9 und 1
Mit dem Fokus: Instinkte, Handeln, Kontrolle
Und folgenden Hauptthemen: Individuen, die von diesem Zentrum geleitet werden, suchen nach Autonomie, Kontrolle und Handlungsfähigkeit, um sich in ihrer Umwelt behaupten zu können.
Wichtig : Wir alle verfügen über alle drei Intelligenzen/Zentren – doch eines davon ist oft das lauteste und läuft auf Autopilot. Hast du bereits eine Einschätzung, welches Intelligenzzentrum bei dir vorherrscht?
Lassen Sie uns nun einen Blick auf die neun Typen werfen.
Das Enneagramm als 9-teilige Landkarte
Wie schon erwähnt (ich weiss ich wiederhole mich 😉 ist das Enneagramm weit mehr als ein einfaches Kategorisierungssystem. Es bietet eine präzise Landkarte, die uns hilft, unsere grundlegenden Motivationen und Ego-Verhaltensmuster zu erkennen. Jeder Typ im Enneagramm hat einen eigenen Fokus, der seine Wahrnehmung und Reaktion auf die Welt prägt. Vielleicht erkennst du dich in den folgenden Fragen wieder, die sich die einzelnen Typen bewusst/unbewusst immer wieder stellen und die ihr Handeln prägen?
Typ 1: Exzellenz – „Was kann man verbessern?“
Strebt nach Perfektion und Korrektur von Unvollkommenheiten.
Typ 2: Beziehungen – „Was brauchen Menschen?“
Fokussiert auf das Erkennen und Erfüllen der Bedürfnisse anderer.
Typ 3: Wirkung und Ziele – „Wie kann ich Wirkung haben?“
Setzt sich für Erfolg und Anerkennung ein, um seine Ziele zu erreichen.
Typ 4: Kreative Ästhetik – „Was fehlt für die Einzigartigkeit?“
Sucht nach Ausdruck von Individualität und Besonderheit.
Typ 5: Expertenwissen – „Was muss ich wissen?“
Sammelt Wissen, um sich sicher und vorbereitet zu fühlen.
Typ 6: Sicherheit – „Was muss ich bedenken?“
Entwickelt Strategien zur Vermeidung von Unsicherheit und Risiko.
Typ 7: Innovation – „Was ist neu und faszinierend?“
Sucht nach neuen Erfahrungen und Abenteuern, um Langeweile zu vermeiden.
Typ 8: Verantwortung – „Was ist zu tun?“
Strebt nach Kontrolle und Macht, um Unabhängigkeit und Stärke zu erleben.
Typ 9: Integration – „Was ist meine Position?“
Zielt darauf ab, Harmonie zu schaffen und sich mit den Bedürfnissen anderer in Einklang zu bringen..
Persönliche Erfahrungen: Ein Herztyp und ein Kopftyp im Dialog
Als Herztyp, der stark auf Beziehungen und Resonanz ausgerichtet ist, habe in meiner Beziehung zu einem Kopftyp, der viel Freiraum und Rückzug benötigt, erfahren, wie wichtig das Verständnis dieser unterschiedlichen Zentren ist. Das Enneagramm hat uns nicht nur geholfen, unsere Unterschiede zu akzeptieren, sondern auch, voneinander zu lernen und eine tiefere Verbindung zu finden. So nehme ich seine Freiraum-Zeiten nicht mehr persönlich – im Gegenteil, ich geniesse diese umso mehr in meinem Freiraum – und er hat gelernt, dass meine gelegentlichen Nähebedürfnisse nicht übergriffig sein müssen, sondern auch ihn zu mehr Nähe zu sich führen.
Wie geht es weiter? (D)eine Reise zur Selbstentdeckung
Und, hast du Lust dich deiner selbst bewusster zu werden und dich auf den Weg deiner Selbst-Entdeckung zu machen? Dann ist insbesondere wichtig nochmals zu erwähnen, dass wir das Enneagramm nicht als starres und endgültiges System betrachten, sondern als ein flexibles Werkzeug, das uns auf unserem Weg zur Selbsterkenntnis unterstützt. Die vorhin kurz beschriebenen 9 Grundtypen des Enneagramms dienen lediglich als Hilfskonstruktionen, die uns helfen, bestimmte Muster in unserem Verhalten zu erkennen. Doch sie sollten nicht dazu verwendet werden, Menschen auf diese Typen zu reduzieren. Wie Johannes Bartels in seiner Dissertation (meines Wissens die erste die es im deutschssprachigen Raum dazu 2006 gab) betont, ist das Enneagramm eine vorläufige Suchhilfe und keine endgültige Klassifizierung. Menschen sind weit mehr als ihr Enneagramm-Typ.
Mögliche Vorgehensweisen
Wenn du deine Reise mit dem Enneagramm fortsetzen möchten, gibt es viele Wege, um tiefer einzutauchen. Es gibt unzählige Bücher auf dem Markt. In der Regel braucht es da die Erfahrung von mind. 2-3 Autoren, da diese ja auch eine „Enneagramm-Brille“ und entsprechende Weltsicht haben und aus ihrer Perspektive schreiben. Oder du schaust mal bei Youtube rein oder unterhältst dich mit KI. Oder aber du machst dich ebenfalls auf den Lernweg im Austausch mit anderen in einem Seminar oder Coaching.
Hier in diesem Blogpost gibt es auch noch weitere Infos künftig. Einerseits ein paar weitere – humorvolle – Beiträge, die bei der Selbstentdeckung – hilfreich sein können. Sowie mein noch ausstehender Versuch, dieses Modell mit ein paar anderen Landkarten, die meine Arbeit prägen zu vernetzen. Und ich kann mir gut vorstellen, in den nächsten Wochen wiedereinmal ein Online-Seminar auszuschreiben.
Wie auch immer es für dich weitergeht – ich wünsche dir viel Entdeckungsfreude auf deiner Reise der Selbstentdeckung.
Wie C.G. Jung treffend bemerkte, ist der Blick in den „Spiegel des Wassers“ oft die erste Mutprobe auf dem Weg zur Selbstentdeckung. Durch das Enneagramm können wir diesen Spiegel nutzen, um unsere wahre Natur zu erkennen und zu akzeptieren.