Oktober 19

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Innere Balance; die gefragte Superpower …

By Bianca Merz

Oktober 19, 2020


… oder was den Typ «Gelassenheit» ausmacht…

«Hach, könnte ich doch gelassener bleiben». Diesen Satz höre ich in Coachings nicht erst seit März 2020, aber seither und die vergangenen zwei Wochen wieder besonders oft. Die Situation ist für alle fordernd. Auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Vor allem das noch Unplanbarere sowie viele kurzfristigen Änderungen können Stress auslösen. Und doch stressen sie nicht alle Menschen gleich. Dieser unterschiedliche Umgang kann paradoxerweise zu einem zusätzlichen Stressfaktor in unserem zwischenmenschlichen Umgang werden. Denn was den einen stresst, lässt die andere total ruhig bleiben und das stresst den einen wiederum …

Warum verhalten wir uns so unterschiedlich?

Manchmal hat man das Gefühl, dass gewisse Menschen von Natur aus eher hektisch und ungestüm sind, andere ruhig und schon beinahe phlegmatisch. Doch was heisst «von Natur aus», ist dieses Verhalten vererbt, erfahren? Oder angelernt im Umgang mit unserem sozialen Umfeld? Hängt es vom Sternzeichen, Temperament- oder Enneagrammtypen oder dem Human Design Code ab? Das Spektrum der Meinungen ist sehr breit und es wäre eventuell interessant für dich, zu reflektieren, welche Prägungen dich und dein Verhalten beeinflussen. 

Was macht Gelassenheit aus?

Viele beschreiben Gelassenheit als ein Gefühl der inneren Ruhe. Gelassene Menschen haben die Fähigkeit – insbesondere unter emotionalem Stress – sowie gegenüber Dingen, die sie eh nicht ändern können, ihre innere Balance und körperliche Ruhe zu wahren. Kognitiv «wissen» wir alle, dass sich Aufregung im Hier und Jetzt nicht lohnt. Dinge, die schon passiert sind, können durch unser Aufgewühltsein nicht ungeschehen gemacht werden und was künftig passieren könnte, kann durch Aufgeregtsein auch nicht positiv beeinflusst werden. Das einzige, was sich durch die Aufregung wirklich ändert, ist einmal mehr unser Mood, die eigene Stimmung. Und da wir ja wirken, tun wir das dann auch auf die Menschen in der direkten Umgebung. Tolle Auswirkungen, oder? Wer will schon schlechte Stimmung verursachen? Gelassene Menschen aber «wissen» nicht nur dass sie gewisse Dinge nicht ändern können, sie reagieren auch entsprechend ruhig und überlegt auf Impulse und Reize.

Was kann mir helfen, gelassener zu werden?

Gelassenheit kann man lernen und sich die Entscheidung zur Gelassenheit zur Gewohnheit machen. In emotionalen Situation bspw. im Umgang mit anderen ist es zentral, seine Gedanken zu reflektieren, statt sich in (hypothetischen) Problemen und Ängsten zu verlieren oder sich in sie hinein zu steigern. Wir wissen aus dem Enneagramm und anderen Theorien, dass wir immer nur einen kleinen Teil der Realität überblicken und die guten Gründe für das Verhalten anderer Personen meist nicht kennen. Es hilft, nachsichtiger mit sich und anderen zu sein. Sich und andere so zu lassen wie sie sind, statt sie verändern zu wollen. Was angenommen wird, kann sich verwandeln[1].

Zusätzlich kann man seine Gelassenheitsressourcen und -quellen speisen und anzapfen. Was da bei dir hilft, darfst du selber für dich herausfinden oder -spüren. Eine Option ist Achtsamkeit zu praktizieren: einfach nur «be here now»[2] . Aber auch erholsamer Schlaf, regelmässige Frischluftpausen, Bewegung sowie das Achten deiner Bedürfnisse sind Optionen. Oder am besten alle zusammen.

Das Leben ist ein Wechselspiel von Glück und Unglück, Licht und Schatten, Yin und Yang. Wer das Leben nimmt, ohne sofort zu bewerten, kann Gelassenheit finden.

Dazu abschliessend eine Weisheitsgeschichte aus der chinesischen Philosophie, welche ich aus Ram Dass’ Vorträgen zitiere:

«Vor langer Zeit lebte ein armer chinesischer Bauer am Rande des Reichs der Mitte. Durch eine Erbschaft kam er zu Geld. Für das Geld kaufte er sich einen kräftigen Hengst sowie Material für einen Zaun für eine Koppel. Eines Morgens stellt er fest, dass der Zaun nicht hoch genug war und ihm der Hengst über Nacht fortgelaufen war. Als die Nachbarn davon hörten, bedauerten sie den Bauern für das Unglück: „Mensch, du armer Kerl. Jetzt hattest du durch einen glücklichen Umstand wenigstens mal ein Pferd, und dann läuft es dir davon.“ Der Bauer sagte nur: „Ach ja.“

Er machte sich auf die Suche nach seinem Hengst. Nach einigen Wochen entdeckte er ihn in der Wildnis. Er rief und das Tier kam auf ihn zu. Aber es kam nicht alleine. Eine kleine Wildherde folgte dem Hengst. So kehrte der Bauer mit einer Herde edler Pferde in sein Dorf zurück, und die Nachbarn staunten nicht schlecht über das große Glück: „Mensch, hast du es gut. Jetzt bist du der Reichste von uns allen.“ Der Bauer zuckte nur mit den Schultern und erwiderte: „Ach ja.“

So machte sich der Sohn des Bauern daran, die Wildpferde zu domestizieren und einzureiten. Doch bald wurde der junge Mann dabei so unglücklich abgeworfen, dass er sich die Knochen brach. Wieder eilten die Nachbarn herbei und klagten, was das für ein Unglück für den Bauern sei, da sein Sohn jetzt nicht mehr auf dem Hof arbeiten könne: „Du armer Kerl, jetzt stehst du mit all der Arbeit alleine da, und wer weiss, ob dein Sohn jemals wieder richtig gesund wird?“ Der Bauer antwortete nur: „Ach ja.“

Wenige Tage darauf schreckte das ganze Dorf aus dem Schlaf. Wildes Getrappel in den Strassen hatte sie geweckt. Die Barbaren fielen über die Grenze ein und die Soldaten des Kaisers waren angeritten, um alle jungen Männer im Dorf für den Kriegsdienst zu holen. Nur den verletzten Sohn des Bauern wollten sie nicht haben. Da hörte man die Nachbarschaft sagen: „Was hat der Bauer doch ein Glück. Sein Sohn muss nicht in den Krieg.“ Der aber dachte sich nur: „Ach ja.“

[1] frei nach Anselm Grün

[2] frei nach Ram Dass

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