August 12

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Geschichten als Leuchtturm auf dem Lebensweg

By Bianca Merz

August 12, 2021

geschichten, narrativ, zuversicht

Was bisher geschah

In meinem letzten Blogpost hatte ich erwähnt, dass ich mich aktuell mit meinem Tun beschäftige. Und damit, wie und wohin ich meine Energien ausrichte. Ich frage mich, ob mein Beitrag als Coach und Beraterin nachhaltig und zukunftsförderlich ist?

In diesem Zusammenhang bin ich vor einiger Zeit auf drei Geschichten über uns und die Welt gestossen, welche mir einen guten Denk-Rahmen bieten. Ich liebe Geschichten als Rahmen oder Metaphern und ich bin überzeugt, dass viele von uns nicht nur Geschichten lieben – nein wir alle sind wahre Meister im Geschichtenerzählen. Du glaubst mir nicht? Ein kleines persönliches Beispiel:

Wir sind alle Märchenprofis

Ich erzähle mir selbst hin und wieder Märchen, um beispielsweise grosse Mengen Arbeit in möglichst kurzer Zeit zu erledigen. Hochmotiviert notiere ich am Morgen eine Aufgabe nach der anderen auf eine To-do-Liste (inkl. Pausen- und Pufferzeiten notabene) und bilde mir ein, alle innerhalb eines normalen Arbeitstages erledigen zu können. Ja genau, du ahnst es. Schlussendlich bin ich erstaunt und genervt, wenn ich es doch nicht geschafft habe, und ich mich mal wieder beeilen, oder Aufgaben verschieben muss. Diese Selbsttäuschung erfolgt nicht absichtlich, denn ich weiss ja eigentlich, dass es meist anders kommt und doch bin ich überzeugt, dass ich es irgendwann schaffen kann. Und so gibt es unzählige Geschichten die wir uns bewusst oder unbewusst erzählen und glauben und oft auch gar nicht daran denken, diese zu hinterfragen?

Doch zurück zu den drei Geschichten:

Die drei Geschichten der Welt nach Joana Macy

Es sind drei Geschichten, welche von Joana Macy – einer für mich inspirierenden Pionierin was Impulse zu einer lebenserhaltenden Welt angeht – stammen. Sie hat vor bald zehn Jahren festgestellt, dass alle gängigen Wahrnehmungen der Welt– also die Geschichten, die wir uns in der heutigen Zeit über uns und die Welt erzählen, auf folgende drei hinauslaufen.

Geschichte 1: Business as usual
Weiter so wie bisher, wie gehabt, wie gewohnt. Was im 2021 bedeutet: möglichst rasch wieder zurück ins sogenannte «Normale». Die erste Geschichte ist diejenige der industriellen Wachstumsgesellschaft, die davon ausgeht, dass Wirtschaftswachstum nötig und möglich ist, um den Wohlstand, den Komfort und die Sicherheit in unseren westlichen Ländern mindestens zu wahren doch noch lieber zu vergrössern. Alles ist auf Konsum ausgerichtet. Die Natur wird als ein unendliches Reservoir an Ressourcen betrachtet und wir haben das Recht, uns daraus zu bedienen wie uns beliebt. Es ist zudem eine Geschichte der Leistung – du musst es beruflich/finanziell zu was bringen und eine Geschichte des Wettbewerbs, des Schneller, stets Funktionierenden (im Aussen) und der Angst davor, zu kurz zu kommen; ein gegen- statt miteinander.

Geschichte 2: Der fragmentierte Zerfall
Bei dieser Geschichte merken wir, dass unsere Systeme an ihre Grenzen stossen und zerfallen. Seien dies Finanzsysteme (siehe anno 2008) oder die sozialen Systeme (Schere zwischen arm und reich oder auch aktuell aufgrund der Pandemie, wer geht als wirtschaftlicher Gewinner hervor?) Oder der Klimawandel: Der Weltklimabericht vom 9. August 2021 ist alarmierend. Doch auch ohne wissenschaftliche Berichte zu lesen, können wir die Veränderungen beobachten und spüren – sei dies die Wetterextreme oder auch das Aussterben von Arten. Und ja, dies gab es früher bereits, nur im Unterschied zu den früheren ist das heutige durch den Menschen verursacht. Bewegen wir uns ausschliesslich in dieser Geschichte, ist die Resignation und Verzweiflung aufgrund eines drohenden Kollapses nicht erstaunlich.

Geschichte 3: Der grosse Wandel
Hier geht es um den Übergang der Industriellen Wachstumsgesellschaft zu einer lebensfördernden Gesellschaft, die allem Leben dient und die Selbstheilungskräfte der Natur unterstützt. Dass es gelingt, durch die Transformation der Systeme und der Grundlagen unseres Zusammenlebens dies zu schaffen. Dies bedingte einen grundlegenden Bewusstseins- und Wertewandel. Unter anderem der Wandel zum Bewusstsein, dass alles Leben wie in einem Netz miteinander verwoben ist. Wir erleben uns in wechselseitiger Verbundenheit und Abhängigkeit. Das ist nicht nur «Geschwätz» sondern basiert inzwischen auch auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Quantenphysik und der Systemtheorie. Es gibt mehr als wir glauben zu sehen und dieses implizite Wissen können wir nutzen lernen.

Welche Geschichte leuchtet am hellsten?

Ich weiss nicht, wie es dir geht – aber ich kenne und spüre alle drei Geschichten und bewege mich auch in allen. Allerdings habe ich mich wohl unbewusst schon vor einiger Zeit und kürzlich nochmals viel bewusster dazu entschieden, meine Lebensenergie und Intention gezielt auf die dritte Geschichte auszurichten – und aus dieser Energie zu agieren.

Ehrlich gesagt gelingt mir dies nicht immer und zu 100 % und soll für mich trotzdem keine Entschuldigung sein, es nicht zu tun. Beispielsweise habe ich mein Konsumverhalten über die Jahre sehr verändert und doch wäre immer noch mehr möglich. Und mir ist auch erst kürzlich bewusst geworden, dass ich mit den Re-Integrationen an bisherige Arbeitsplätze ein möglichst rasches, erfolgreiches und effektives Rückkehren ins alte Normale unterstütze. Oder dass ich zwischendurch eher auf den lauten Kopf und die Gedanken anstatt auf die feinen intuitiven Impulse höre.

Auch in die 2. Geschichte zieht es mich manchmal…. und auch ich habe Tage der Traurigkeit bis zur Verzweiflung. Ich glaube das wichtigste dabei ist, dass ich mich mit den vielen Menschen umgebe und austausche, die bereits in der 3. Geschichte-Energie schwingen und handeln. Und dann ist es einfacher mit den zwei ersten Geschichten umzugehen die Teile der Welt und auch von mir sind.

Denn es bedeutet für mich nicht, dass ich die aus meiner heutigen Sicht alten Geschichten, – also konkret die Geschichte 1 die ich wohl auch lange «geglaubt» habe, ignoriere – im Sinne der integralen Entwicklung geht es darum das Gute und lebensförderliche aus allen Geschichten zu integrieren versuchen. Denn Wachstum per se beispielsweise ist ja nicht schlecht, Frage ist nur, ist es ein für alle förderliches Wachstum?

The End?

Bin ich damit am Ende meiner Geschichte? Na kaum, ich hoffe es auch nicht so bald – im Gegenteil jetzt geht es darum, dies noch gezielter in die Praxis umzusetzen. Und auch die Suche geht weiter und ich bin sicher, auch die Geschichten entwickeln sich weiter oder ich entdecke noch die 4. Version. Dank Joana Macy’s Geschichten als Leuchtturm wurde mir nochmals klarer, wohin ich meine Energie noch bewusster ausrichten möchte.

Heute möchte ich gerne glauben, dass Geschichte 3 schon immer in mir oder in uns allen angelegt ist und einfach über die Kultur und den aktuellen sogenannten Wissensstand überdeckt wurde. Denn es gibt da eine Geschichte über ein Baby welches immer nur gestrahlt hatte und äusserst selten unzufrieden war und praktisch nie geweint hatte. Ein Menschlein das sich am Leben erfreute ohne viel zu besitzen. Dieses Menschlein ist inzwischen etwas gewachsen – vielleicht innerlich mehr als in der äusserlichen Länge – aber die lebensbejahende Grundeinstellung und ein «Gspüri» für die Natur und die kleinen wunderbaren Dinge sind mir geblieben.

Abschliessend ein wunderschönes Zitat von Joana Macy:

»Active hope is waking up to the beauty of life on whose behalf we can act. We belong to this world.”

 

 

 

 

 

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